Inzwischen schon zur Tradition geworden, ist die 3-Tages-Fahrt im Rahmen unseres Sportkalenders immer am zweiten Wochenende im September. So machten sich am Wochenende vom 08. – 10.09.2017 19 Radtour begeisterte Menschen auf den Weg.
In diesem Jahr sollte es „fast nur um den Saarmunder Kirchturm“ gehen. Die Entscheidung war auf das Jugenddorf am Müggelsee in Berlin gefallen. Herrlich „ostalgisch“ – jedoch vom Preis her schon eine gehobene Klasse, was Jugendherbergen angeht.
Am Stadtrand von Berlin-Köpenick gelegen – waldreichster Bezirk von Berlin – direkt am Müggelsee befindet sich das Jugenddorf in einem Wasser- und Naturschutzpark. Wie gesagt, keine gestylte Hotelanlage, eben ein solides „Dorf“. Aber nichts desto trotz, es zählt das Beisammensein und gemeinsames Erleben von fantastischen Eindrücken; und davon wurde uns an diesem Wochenende wieder viel geboten.
Nach einem fröhlichen Freitagabend und einer geruhsamen Nacht in Doppelstockbetten fanden wir uns gut gelaunt zum Frühstück ein. Für den Tag gestärkt und motiviert führte uns die erste Etappe unserer Tour in die Altstadt von Köpenick mit einem Abstecher in das „Museum im Alten Wasserwerk“. Vor dem Köpenicker Rathaus fanden wir auch den in Bronze gegossenen „Hauptmann von Köpenick.
„Der Hauptmann war ein aus Ostpreußen stammender Schuhmacher namens Friedrich Wilhelm Voigt, der durch seine spektakuläre Besetzung des Rathauses der Stadt Cöpenick bei Berlin am 16. Oktober 1906 für etwas Unruhe sorgte. Er verkleidete sich als Hauptmann, besetzte das Rathaus von Köpenick und türmte schließlich mit der Stadtkasse. Preußens Armee war blamiert. Tatsächlich stammten Uniform und Mütze von einem Trödler, denn gedient hatte der gelernte Schuster nie, aber viele Jahre im Gefängnis verbracht!“
(Ein wenig Geschichte muss ja auch sein!)
Aufgrund des besonderen Datums – 09.09. – mussten wir lange warten, bis wir mit dem Hauptmann von Köpenick in unserer Mitte ein Beweisfoto unseres Dagewesenseins machen konnten, denn aus dem Rathaus kamen fast im Minutentakt Brautpaare, die ein gleiches Anliegen hatten.
Nach einem ausgiebigen Mittagessen im Ratskeller und einem Rundgang per Fuß im Schlosspark führte unsere zweite Tourenetappe dann per Rad weiter zum Müggelturm. Zum Glück wird der Müggelturm wieder saniert und vor dem Verfall gerettet. Es ist ein sehr schönes Ausflugsziel für alle Berliner und Brandenburger. Wer sich nicht scheut, die 126 Stufen zur Aussichtplattform zu erklimmen, wird mit einem sensationellen Panoramablick über ganz Berlin belohnt. Nicht um sonst steht auf den Werbeprospekten „Berlins schönste Aussicht“! In der Müggelturmbaude oder auf der Sonnenterrasse kann man entspannt bei Kaffee und Kuchen die Seele baumeln lassen, und die Preise sind auch noch moderat. Leider hatte sich die Sonne bei unserem Besucht etwas geziert.
Die dritte Etappe unserer Tour vollendete dann die Umrundung des Müggelsees über hervorragend angelegte Fahrradwege durch eine wundervolle waldreiche Gegend. Am Ende des Tages hatten wir so ca. 35 km in den Beinen, die sich aber auch an unseren Hinterteilen bemerkbar machten.
Die Regenerationsphase genossen wir im Jugenddorf auf der Terrasse beim Grillen und anregenden Gesprächen bis unsere Doppelstockbetten zur Nachtruhe riefen.
Der Sonntag war den Berliner Unterwelten gewidmet. Im Rahmen einer geführten Besichtigung im „Alten Wasserwerk“ Friedrichshagen, haben wir viel über die 120 Jahre alte Technikgeschichte erfahren.
„Mit der zunehmenden Industrialisierung Berlins im 19. Jahrhundert mussten die Probleme der Wasserversorgung für die Stadt in Angriff genommen werden. Wasser bekam man aus Handpumpen und Brunnen vor Ort. Die ungeklärten Abwässer verseuchten zunehmend das Trinkwasser. War es doch bis dato üblich, sämtliches Abwasser einfach in den Rinnstein zu geben, was regelmäßig zu Krankheiten wie Typus und Cholera führte.
Im Jahr 1852 wurde zwischen der Preußischen Staatsregierung und den englischen Unternehmern Fox und Crampton ein Vertrag über die Versorgung Berlins mit Fließend-Wasser geschlossen. 1856 (Stralauer Tor), 1977 (Tegel) wurden die ersten Wasserwerke für Berlin gebaut. 1893 wurde das Wasserwerk Friedrichhagen in Betrieb genommen .Es war damals das größte und modernste Wasserwerk Europas.“
Es war total interessant, die ausgestellten Exponate zu besichtigen und den Ausführungen der Museumsmitarbeiterin zu lauschen – ein absoluter Geheimtipp! Die Führung dauerte 90 Minuten.
Und schwuppdiwupp war das schöne Wochenende leider wieder vorbei und der Heimweg wurde angetreten. Sechs wackere Fahrradfahrer machten sich auf den 55 km langen Heimweg von Berlin Köpenick bis Saarmund auf ihre Drahtesel und schlossen mit dem Besuch des noch erhaltenen Standrohres in Großbeeren ab. Am Trebbiner Weg befindet sich eine der noch am besten in ganz Brandenburg erhaltenen Rieselfeldanlagen. Deshalb wurde die noch in Teilen bis 1996 betriebene Rieselfeldanlage mit ihrem weit über die Rieselfelder herausragendem Standrohr 1999 unter Denkmalschutz gestellt. Damit schloss sich der Kreis der Wassergeschichte vom Wasserwerk am Müggelsee bis zu diesem Technikdenkmal.
Ein tolles Wochenende mit ganz, ganz vielen Eindrücken! Ein Dankeschön an alle, die an der Organisation und dem Gelingen der Tour beteiligt waren.
Killat